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Der Zenokult von Hafnerbach und seine Förderung durch die Familie Montecuccoli

von Dr. Wolfgang Häusler

Erschienen in der Festschrift der Raimund Montecuccoli-Gedächnisausstellung in Hafnerbach im Jahre 1980

Im Jahre 1702 erschien in Wien ein von dem aus dem bayrischen Kloster Andechs stammenden Benediktiner Benedict Sutor, der als Pfarrer von Hafnerbach wirkte, verfaßtes Buch von 268 Seiten. Es trägt den krausen barocken Titel: "Hospes Benedictinus S. Zeno Veronensis. Das ist: H. Lebens-Wandl/Wunderliche Geschichten/große Mirackl/welche der uralte Lehrer/Martyrer/und Veronesische Bischof S. Zeno vor und nach dem Todt in dem Benedictinerischen Closter zu Verona gewürcket.". Es werde, so berichtet uns das überaus seltene Werk, "krafft einer solchen uralt- und beständigen Tradition ... geglaubt/daß der heil. Zeno In seiner Syrischen Reiß/oder Pilgramschafft/persönlich in der Unter-Österreichischen Lands-Refier eingetroffen/und zwar/daß in dem Viertel Ober Wiener-Walds/und jener Gegent/wo das nunmehr HochFürstliche Montecucculische herrliche Schloß Hochenegg/auff einem hohen und vesten Felsen gelegen/der gantzen Landschaft eine Zier/und ihme selbsten das allerschönste An- und Aussehen gibt/sich der H. Zeno eine geraume Zeit auffgehalten habe/massen alda/unweit von bemeidtem Schloß nechst dem Dorff Corning/ein großer Stein gezeigt wird/so insgemein/je und allzeit der Zeno-Stein genant worden/auff welchem S. Zeno gebettet/und geruhet haben solle." Auf diesem Stein seien "noch heutiges Tages die Mahlzeichen einiger Fuß-Tritt/und anderer Glidmassen/wie in ein Wachs eingedruckter mit VerWunderung zu sehen". Von diesem Zenostein, den "Spuren" und der Statue des "Großen Heiligen" werden wir noch zu sprechen haben; folgen wir zunächst den weitläufigen Beschreibungen Sutors über das Leben und die Taten Zenos, die im Bilderschmuck der Hafnerbacher Pfarrkirche ihren Niederschlag gefunden haben. Der 1698 verstorbene Fürst Leopold Montecuccoli hat "bemeldtes S. Zenonis Gotts-Haus zu männiglich grösseren Trost/und Aufferbauung/auch Andachts-Vermehrung/mit einer schönen und rahren Stockator-Kunst außzieren/und etlich vornehme Wunder-Werck dises grossen Heiligen in fresco gemahlter/gar annehmlich/und schön entwerffen lassen". Der Fürst erlebte die Vollendung des von ihm in Angriff genommenen Werkes nicht mehr; seine Witwe Maria Antonia Josepha ließ die Arbeiten vollenderi. Aus den Kirchenrechnungen wissen wir, daß die künstlerisch gediegenen Stukkaturen von dem in Hausleiten geborenen und in Wien ansässigen Maler Andreas Marstaller, die minder wertvollen Fresken vom Säusensteiner Karl Johann Ritsch geschaffen wurden. Sutors Buch hilft uns, die Darstellungen der Fresken zu entschlüsseln. Die Hauptdarstellungen in der Mitte der Decke zeigen den Heiligen inPilgerkleidung auf dem uns schon bekannten Stein am Zenobach im Gebet kniend (im Hintergrund erkennen wir Hafnerbach und Hohenegg), dann als Bischof von Verona segnend über seiner Stadt schwebend. Die Attribute Federkiel und Buch bezeichnen ihn als Kirchenlehrer, Pilgerstab und -hut verweisen auf seine legendäre Missionsreise nach Syrien, Schwert, Palmzweig und Lorbeerkranz deuten sein - historisch nicht belegtes - Martyrium an. In den kleineren Feldern der Decke wird die Legende Zenos mit der Freude der Barockfrörnmigkeit am Wunderbaren ausgesponnen. Im Bild in der Mitte vorne treibt der Heilige einen Teufel aus der besessenen Tochter des römischen KaisersGallienus aus (seine legendäre Vita ließ Zeno, der in Wahrheit im 4. Jahrhundert wirkte, im 3. Jahrhundert leben). Rechts hinten ist Zenos Kampf gegen das Heidentum dargestellt; Opferschale und Götzenbilder fallen wie vom Blitz getroffen in Trürnmer. Links hinten ist das Fuhrmannswunder des Heiligen zu sehen: Als Zeno einst am Ufer der Etsch fischte, sah er einen Fuhrmann, dessenTiere, vom Teufel besessen, ihn in den Fluß zu reißen drohten. Zerno rief den betäubten Fuhrmann wieder ins Leben zurück, der darauf die Taufe nahm. Vorne rechts ist ein Wunder gemalt, das sich am Grabe des Heiligen zutrug: Der Edelmann Albertus von Ceneda wurde von Räubern geblendet, erlangte sein Augenlicht durch sein Gebet zum hl. Zeno wieder und trat darauf in den Benediktinerorden ein. Links vorne schließlich erscheint St. Zeno als Schutzheiliger über seiner rings vom Hochwasser eingeschlossenen Domkirche zu Verona. Der als Schutzpatron vor Wassergefahr viel verehrte Heilige wurde nicht nur an den Ufern der Etsch angerufen, sondern auch zu Hafnerbach, wo der ungebärdige Alpenfluß Pielach mit seinen Überschwemmungen Ufer und Felder nicht seiten bedrohte. Diese Verbindung zum Wasser und zur Fischerei gab Zeno auch sein Attribut, den Fisch. Die Legende weiß zu erzählen, daß er einst einem Boten drei Fische geschenkt habe. Als dieser eigenmächtig einen vierten nahm, ließ sich gerade dieser Fisch nicht kochen, worauf er reurmütig.sein Vergehen gestand. Versetzen wir uns im Geiste hunderte Kilometer von unserer Heimat entfernt in den Süden jenseits der Alpen, vor die Kirche San Zeno Maggiore zu Verona. Sie ist, wie der bedeutende Kulturhistoriker Jakob Burckhardt rühmte, "vielleicht der edelste romanische Bau Oberitaliens". Auf den Reliefs des berühmten Bronzetores, das Meister Gisilmer um das Jahr 1000 in den archaischen Formen eines kraftvollen künstlerischen Neubeginnens schuf, ist nach Art einer Biblia pauperum die christliche Heilsgeschichte und die Legende des Kirchenpatrons in Einzelszenen aufgeschlüsselt. Wir erkennen Szenen, die uns aus den sieben Jahrhunderte später entstandenen Darstellungen von Hafnerbach vertraut sind: St. Zeno beim Fischen, die Rettung des Fuhrmannes, die Heilung der besessenen Prinzessin. Für die Veroneser ist San Zenone "ihr" Heiliger und Nothelfer in allen Anliegen. Über dreißig Kirchen und Kapellen in der Stadt und ihrem Bannkreis sind ihm geweiht, im Mittelalter wurden Münzen in seinem Namen geprägt. Zwei Fragen stellen sich uns: Wer war der Heilige, dem die fromme Legende übermenschliche Wunderkraft zuschrieb, als historische Persönlichkeit und auf welchem Weg fand sein Patrozinium nach Niederösterreich? Zeno, der wahrscheinlich aus Mauretanien stammte, wirkte als achter Bischof-von Verona in den Jahren zwischen 362 und 371/72. Sein literarischer Nachlaß zeigt ihn uns als bedeutenden Redner in der Nachfolge eines Tertullian, Cyprian und Laktanz. In seinen homiletischen Schriften bekämpfte Zeno energisch die Reste des Heidentums in Glaube und Sitte seiner Gemeinde. Zeno, den eine unhistorische Vita aus dem 7. Jahrhundert zum Wundertäter und zum Märtyrer machte, muß - auch ohne diese legendären Zugaben - eine menschlich und intellektuell sehr eindrucksvolle Persönlichkeit der frühen Kirche gewesen sein. Für die Erklärung seines Kultes in Hafnerbach präsentierte Pfarrer Sutor, wie wir hörten, die Überlieferung, der Heilige sei persönlich hier gewesen. Die trifft freilich nicht zu, wohl aber öffnen uns die Hypothesen über den Weg, den sein Patrozinium genommen hat, wichtige Einsichten in die mittelalterliche Geschichte unserer Gegend. Um die Mitte des 8. Jahrhunderts wurde im bayrischen Kloster Isen St. Zeno verehrt, auch bei St. Emmeram zu Regensburg war ihm eine Kapelle geweiht. Die Beziehungen zum oberitalienischen Raum verstärkten sich in der Zeit der Romzüge der Kaiser. Um 1120 wurde unter maßgeblicher Mitwirkung der Peilsteiner Grafen das Chorherrenstift Reichenhall bei Berchtesgaden gegründet; ein großer Wohltäter des Stiftes war Kaiser Friedrich 1. Barbarossa, an den noch ein zeitgenössisches Relief im Kreuzgang erinnert. Die 1228 geweihte Kirche - der größte romanische Sakralbau Oberbayerns - ist dem hl. Zeno geweiht: Am Beginn der Saumwege über die AlpenPässe gedachte man hier des Heiligen, der der Schutzpatron des schönen Landes im Süden der Berge war. Für die Übertragung der Verehrung unseres Heiligen nach Hafnerbach gibt es nun mehrere Möglichkeiten: Die Formbacher Grafen waren bei Isen und Reichenhall begütert; man könnte auch daran denken, daß die Chorherreri von St. Pölten, die bis 1361 die Pfarre Hafnerbach betreuten, infolge ihrer lebhaften Beziehungen zu den bayrischen Schwesterstiften diesen Patron wählten. Am nahellegendsten ist allerdings die Vermutung, daß die Grafen von Schalla-Burghausen-Peilstein, die in unserem Gebiet im Raume des Hiesberges (Schallaburg, Peilstein bei St. Leonhard am Forst) reich begütert waren und auf der Osterburg saßen, den hl. Zeno zu uns "importierten". Stift Reichenhall, dessen Vögte sie waren, besaß einen stattlichen Lesehof bei Krems. Jedenfalls muß der Kult des hl. Zeno in Niederbsterreich schon im 13. Jahrhundert sehr populär gewesen sein. Dies bezeugt eine Stelle aus den Liedern Neidharts von Reuenthal: "Her Nithart, daz iu sante Zêne lône", rufen ungebärdige Bauernburschen dem landfremden ritterlichen Sänger zu. Wie Sutor berichtet, wurde Hafnerbach vor der Reformzeit "von vielen weit entfernten Orthen Pilgramsweiß/und mit gantzen Processionen/andächtiglich besuchet" - ein Brauch, der in der Reformationszeit abkam. Wir hörten, wie sich Fürst Leopold Montecuccoli die Eingliederung dieser alten Überlieferung in die barocke Volksfrömmigkeit angelegen sein ließ. Ohne Zweifel hat die unverhoffte Begegnung der Montecuccoli mit dem Heiligen aus ihrer oberitalienischen Heimat ihre Bemühungen um den Zenokult verstärkt. Im 18. Jahrhundert wurde ein Sproß der Familie sogar auf den Namen des Heiligen getauft. Im Jahre 1725 wurde eine überlebensgroße Barockstatue, die den Heiligen als Pilger zeigt, auf den Zenostein gestellt und damit der volkstürnliche Kult gewissermaßen sanktioniert. Freilich entspricht die Figur eher unserer Vorstellung von einem Prälaten der Barockzeit als einem Bischof derfrühchristlichen Zeit.

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AD HONORANDA DIVI ZENONIS VESTIGIA VISIBILITER RELICTA - HAEC STATVA SVPER HANC PETRAM INTER DEBITAS VENERATIONES POSITA FVIT -

liest man auf dem Sockel. Die Barockzeit knüpfte also ausdrücklich an den Kult um den Spurstein an. Die lateinische Inschrift bringt übrigen. ein doppeltes Chronogramm: Nimmt man sich die Mühe, jene Buchstaben, die zugleich römische Zahlen bedeuten können (also M, D, C usw.) zusammenzuzählen, kommt man auf das Datum 1725. Graf Franz Raimund Montecuccoli stiftete laut einem im St. Pöltner Diözesanarchiv erliegenden Revers diese Statue; wir dürfen annehmen, daß dabei die Witwe des Fürsten Leopold, Maria Antonia Josepha geb. Gräfin Colloredo, ihren Einfluß geltend gemacht hat. Die Fürstin, deren Stadtpalals am St. Pöltner Rathausplatz ein Bau Prandtauers ist, verwendete ihr immenses Vermögen zur Stiftung der Klöster der Karmellterinnen und der Karmeliter in dieser Stadt. Sie verbrachte ihren Lebensabend im Karmeliterinnenkloster und wurde hier beigesetzt (+ 1738). Nach der Aufhebung ihrer Stiftung (1782) wurde ihr Sarg nach Walpersdorf übertragen, wo die Gruft mit einer ihre Verdienste rahmenden Inschrift noch in der Schloßkirche zu sehen ist, Diese fromme Dame dürfte nicht nur//den Anstoß zur Errichtung der Zenobildsäule gegeben, sondern auch den Künstler vermittelt haben: Ein Stilvergleich mit anderen Werken läßt den Schluß zu, daß Peter Widerin, Prandtauers Schwiegersohn, der in St. Pölten und Melk vielbeschäftigt war,--der Schöpfer unserer Zenostatue gewesen ist. Es sei in diesem Zusammenhang erwähnt, daß auch die schöne Nepomukstatue unter dem großen Kastanienbaum an der Bundesstraße südlich von Schloß Mitterau eine Montecuccolli-Stiftung ist (Wappen!). Der letzte Ausläufer des barocken Zenokultes war der Auftrag für das Altarblatt der Pfarrkirche. Schon zu Pfarrer Sutors Zeiten zeigte das "alt und künstlich gemahlte Altar-Blatt" den Kirchenpatron "auff einem erhobenen Stein kniend und bettend". Johann Wetzl (1767-1831), akademischer Maler und - seltsame Berufskombination. Branntweinweinbrenner zu Tulln, der in die Schule des großen Martin Johann Schmidt gegangen war, schuf 1798 das Hochaltarbild. Damals hatten die mariatheresianischen und josefinischen Reformen schon eine drastische Einschränkung des Wallfahrtswesens mit sich gebracht, doch dauerte die Erinnerung an Hilfe und Schutz durch den Heiligen fort, wenn auch nur im lokalen Bereich. Die Volkskunde hat sich intensiv mit Sage und Brauchtum auseinandergesetzt, das sich um die"Spursteine" von Heiligen rankt. Guido List, der als erster Forscher vom Zenostein Notiz nahm, wollte in ihm, seinen "deutsch-mythologischen" Neigungen folgend, einen "wuotanistischen Opferstein" sehen. Dergleichen darf wohl als überholt betrachtet werden. Immerhin hat List die interessante Beobachtung festgehalten, daß der "Große Heilige" kein Dach über sich dulde und daß das sich in den "Fußspuren" sammelnde Wasser gut für "böse Augen" sei. Zum Steinkult um den hl. Zeno läßt sich in seiner Legende ein Anhaltspunkt feststellen: Der Heilige zwang den Teufel, eine große Steinschale aus Syrien zu holen, die lange vor dem Dom von Verona gezeigt wurde. Einzelheiten der Legendentradition um den Zenostein lassen erkennen, daß der Wolfgangskult für die Ausformung der Zenoverehrung bestimmend gewesen ist. Zeno soll, so wird noch heute gerne erzählt, einen Stein (oder ein Beil) vom Felsen ausgeworfen und, wo es niederfiel, die Hafnerbacher Kirche errichtet haben. Ursprünglich sei Zenos Wurfgeschoß, so wird diese beachtliche sportliche Weitwurfleistung weiter ausgeschmückt, zwischen Hafnerbach und Wimpassing niedergefallen, wo heute der Bildstock steht. Um Streit zwischen den beiden Orten vermeiden zu helfen, warf Zeno noch einmal, um nun den "richtigen" Platz zu treffen. Dieses Motiv gehört zum festen Bestand des Legendenkranzes um den Regensburger Bischof Wolfgang, dessen Kirchengründung von St.Wolfgang mit eben derselben Sage vom Beilwurf (die Axt ist bekanntlich St. Wolfgangs Attribut) verknüpft ist. Wie jeder Kenner dieser herrlich gelegenen Wallfahrtsstätte weiß, gibt es in der Kirche von St. Wolfgang und vor allem am Weg zur Wolfgangsklause am Falkenstein jede Menge von Spursteinen mit entsprechenden Legenden. Viele Wolfgangskultstätten pflegen bis zum heutigen Tag die Verbindung eines Steines mit "Spuren" des Heiligen und angeblich heilkräftigem Wasser eines nahen Brunnens oder in den Fußspuren des Steines. In Bayern, Oberöstorreich und Böhmen lassen sich zahlreiche Beispiele für Wolfgangsheiligtümer dieser Art feststellen. In Niederösterreich, wo Bischof Wolfgang Kirche und Burg von Wieselburg an der Erlauf errichtete, ist das wohl bekannteste Exempel die Wolfgangskirche von Kirchberg am Wechsel mit dem "Antrittstein", von wo aus St. Wolfgang mit seinem berühmten Beilwurf den Kirchenplatz bestimmt haben soll. In dieser Vorstellung schimmert altes Rodungsbrauchtum durch: Die Gemarkung des vom einzelnen Siedler zu rodenden Raumes wurde durch Axtwurf festgestellt. Schließlich gibt es nicht weit von Hafnerbach den Wolfgangsstein im Wolfsteinergraben - wie nicht anders zu erwarten, mit "Fußspuren" und mit der köstlichen Erzählung vom Heiligen als "Spatzenschreck". 1978 wurde dieser Felsen, nachdem er bei einer Straßenverbrelterung gesprengtworden war, mitsamt dem Bildstock in ansprechender Form wiederhergestellt. Ohne Zweifel hat also der Wolfgangskult die Form der volkstümlichen Zenoverehrung und die Sagenbildung entscheidend beeinflußt. Auch die Hilfe des Teufels, mit dem beide Heilige - fast möchte man sagen - recht familiär umgingen, beim Schleppen von Steinen im Dienste der Kirche findet sich in den Legenden Wolfgangs und Zenos in ganz ähnlicher Weise. Als Parallelbeispiel sei noch auf bestimmte Züge des von Melk aus verbreiteten Kolomanikultes aufmerksam gemacht. Im Mittelalter wurde ein Stein, der noch heute im Wiener Stephansclom eingemauert ist und auf dem Koloman angeblich gemartert wurde, als Reliquie verehrt. Auf einem Felskopf am Stiftsberg von Melk steht die Figur des Heiligen, und der Kolomanistein bei Eisgarn ist einer der imposantesten Schalensteine des Waldviertels. Diese in den christlichen Kult integrierten Bräuche und Legenden um auffallende Steingebilde können in der einen oder anderen Form in allen großen Religionen nachgewiesen werden: Buddhisten und Mohammedaner verehren Fußspuren ihrer Religionsstifter ebenso wie christliche Pilger die Dominus quo-vadis-Kapelle an der römischen Via Appla mit den im Stein hinterlassenen Spuren Christi besuchen. Zu Hafnerbach geriet die alte Andachtsstätte am Zenobach in den vergangenen Jahren mit dem Abkommen alten Brauchtums fast in Vergessenheit. Man erwog sogar, die Statue im Ort aufzustellen - damit wäre freilich die stimmungsvolle Einheit dieses merkwürdigen Platzes zerstört worden. Heute bemüht man sich wieder um die Erhaltung des versteckten, sagenumwobenen Plätzchens in seinem ursprünglichen Zustand. Alljährlich kommen Bauern aus Korning, Stein-Eichberg-Hohenegg und Wimpassing am Florianitag (bzw. in neuerer Zeit am 1. Mai oder an dem dem Florianitag nächsten Sonntag) in Bittgängen zum Zenostein. Die Pfarrgemeinde Hafnerbach findet sich hier am Samstagabend vor dem Zenofest, das am zweiten Sonntag nach Ostern gefeiert wird,ein. Der Zenokirtag wird als großes Volksfest gefeiert; nach der kirchlichen Feier gibt es bei den Standeln auf der Marktstraße großes Gedränge. Einst kamen die Gansbacher und Lauterbacher zu Fuß über die Höhen des Dunkelsteinerwaldes zu diesem Fest; heute macht die Motorisierung vielen Menschen aus der Umgebung den Besuch von Hafnerbach leicht. Die alte Tradition einer kräftigen Rauferei und blutiger Köpfe am Zenokirtag ist gottlob zugunsten eines freundlichen Wiedersehens von alten Bekannten und Freunden aus der Umgebung gewichen. Im religiösen Bereich wird in einer eigenen"Litanei zu Ehren des hl. Zeno" und einem Gebet der Schutz des Heiligen angerufen, der als Fremdling aus fernem Land in unsere Heimat kam und doch ein "Einheimischer" geworden ist.

Literatur:

A. Bigelmaier, Zeno von Verona (1904) -

G. Bittner, Baugeschichte und Kunstinventar der Sakralbauten des Gerichtsbezirkes St. Pölten (Diss. 1949)

G. Bittner, Die Pfarrkirche von Hafnerbach; in:UnsereHeimat24(1953)

P. Gazzola, SanZeno.BibleclesPauvres(1956)

G. Gugitz,No. Schalensteine Im Volksglauben, in: Osterr. Zeitschrift für Volkskunde 4 (1950)

G. List, Deutsch-mythoogische Landschaftsbilder (1891)

E. Schmidt, Verona und Brescia (1961) -

L. Schmidt, Volksglaube und Volksbrauch (1966)

L. Schmidt, Sagen und Legenden im Dunkelsteinerwald; in: Österr. Zeitschrift für Volkskunde 34 (1980)

L. Sinieoni, S. Zeno di Verona (1909)

Josef Stern, Pfarrkirche St. Zeno Hafnerbach (1978)

B. Sutor, Hospes Benedictinus (1702)

F. Winzinger, Das Tor von San Zeno in Vorona (1961)

R, Zinnhobler, Der heilige Wolfgang (1975).

Für freundliche Auskünfte über das gegenwärtig geübte Zenobrauchtum danke ich + Herrn Josef Stern/Wimpassing.

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------------- Diese Veröffentlichung im Internet erfolgt mit ausdrücklicher Genehmigung des Autors, wofür wir ihm herzlich danken

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Franz Drucker, Hafnerbach im Dezember 1999

EDITIO ST. ZENO Nr. 3/99 ------------------------------------------------------------------------

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